Sehr geehrter Herr Dr. Hoffmann, wir haben in unserem Stall 2 Pferde, eine Stute und einen Wallach, beide 24-jährig. Die Stute hat noch kein Fohlen gehabt – und das soll angesichts ihres Alters auch so bleiben. Jetzt haben wir uns ein junges Pferd dazugekauft, einen 2-jährigen Andalusierhengst.
Er ist, rassetypisch, ein Spätentwickler und hat noch eine sehr “kindliche” Ausstrahlung. Bis zum Herbst war er in der Stutenherde der Züchter integriert und hat dort nie gedeckt. Er soll innerhalb der nächsten 2 Wochen zu uns in den Stall kommen. Nun meine Frage: Ist es irgendwie möglich, ihn mit den 2 alten Pferden auf die Koppel zu lassen, ohne dass er gleich gelegt wird. Ich denke, seiner Entwicklung täte es ganz gut, wenn er noch bis zum Herbst Hengst bleiben könnte, und auch wegen der Fliegen ist der Sommer ja nicht die ideale Zeit für so etwas. Gibt es z.B. Möglichkeiten, die Stute irgendwie hormonell zu behandeln, so dass sie nicht mehr rosst – sie zeigt bis heute eine sehr starke Rosse. Und wenn ja: Wie zuverlässig sind solche Behandlungen, gibt es Nebenwirkungen.

Dr. Georges Hoffmann: Im Allgemeinen muss davon ausgegangen werden, dass ein Hengst ab ungefähr einem Jahr geschlechtsreif ist und durchaus in der Lage ist zu decken. Selbstverständlich gibt es rassebedingte sowie individuelle Unterschiede. Auch bei älteren Hengsten ist die Libido sehr unterschiedlich ausgeprägt. Deshalb ist es möglich verschiedene Hengste als Reithengste zu nutzen während dies bei anderen nicht möglich ist.

Ihre Frage kann deshalb nicht pauschal beantwortet werden. Sie werden schon selbst die Lage in Ihrem speziellen Fall beurteilen müssen und sich demnach verhalten.

Die Rosse bei Stuten zu unterdrücken ist theoretisch möglich, in der Praxis aber nicht so leicht durchzuführen. Es gibt oral zu verabreichende Medikamente welche täglich gegeben werden müssen, oder Injektionen welche etwa alle 14 Tage gemacht werden müssen. Mit diesen Medikamenten unterdrückt man die Rosse und schiebt sie sozusagen vor sich her. Das heisst sowie man die Behandlung unterbricht wird die Stute gleich wieder rossig. Eine solche Behandlung müsste also praktisch das ganze Jahr über durchgezogen werden. Der Kostenaufwand ist dabei zu beachten denn diese Medikamente sind im Allgemeinen nicht billig. Als Nebenwirkung ist allenfalls mit einer Verkümmerung der Eierstöcke zu rechnen was bei Ihrer alten Stute wohl keine grosse Rolle spielen dürfte.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Maskulinisierung der Stute durch Verabreichung von männlichen Hormonen. Die Stute wird dann zwar weniger rossen, sich dafür aber eher wie ein Hengst gebären. Keilereien mit Ihrem Hengst blieben wohl nicht aus. Umgekehrt können sie bei zu starker Libido auch den Hengst feminisieren, durch Verabreichung von weiblichen Hormonen. Als Nebenwirkung wäre allenfalls zu erwarten, dass die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale ( breite Brust, Halsmuskulatur) gebremst würde. Da sie die Behandlung jedoch nur bis zum Herbst durchführen möchten , also nur für die Dauer von ca 4 Monaten, dürften diese Erscheinungen zu vernachlässigen sein.

Wenngleich keine dieser Lösungen optimal ist würde ich persönlich letztere vorziehen. Allerdings nur wenn Sie sonst keine Möglichkeiten haben. Am vernünftigsten wäre es sicherlich den Hengst von den anderen Pferden zu trennen falls er diese ständig treibt. Eine Kastration im Sommer ist nicht ideal, ist aber nicht problematischer als im Frühjahr oder Herbst unter der Bedingung , dass man die Kastrationswunde sauber hält.



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