Vier Tage lang herrschte im Schleswig Holsteinischen Neumünster der Ausnahmezustand. Aus ganz Deutschland, dem Europäischen Ausland, sowie dem gesamten Rest der Welt waren die Freunde, Fans und Züchter des Holsteiner Pferdes zusammengekommen, um dem alljährlichen Schauspiel der Hengstkörung und Reitpferdeauktion beizuwohnen. Die nun 125 jährige Zuchttradition und Selektion des Verbandes der Züchter des Holsteiner Pferdes beweist auch in diesem Jahr, dass sich Top-Qualität durchsetzt und weltweit einen Markt hat.
Knapp 100 Hengste aus den besten Blutlinien von Canturo, Casall, Acodetto, Contendro oder den altehrwürdigen Vätern wie Contender, Cassini, Quidam de Revel und Quintero präsentierten sich über drei Tage lang dem Publikum und der kritischen Körkommission rund um Zuchtleiter Dr. Thomas Nissen.
Am Freitagvormittag wurden dann 30 Hengste gekört. Siegerhengst ist der schwarzbraune Cantoblanco von Canto x Carolus I x Calypso II, 1. Reservesieger Lantano von Landos x Caretino x Latino, 2. Reservesieger Carlo von Carlos DZ x Salient xx x Ahorn Z. Insgesamt war eine durchgängig sehr gute Qualität der Hengste festzustellen, ganz klar im Trend sind die blutgeprägten Anpaarungen im modernen kompakten Sportpferdetyp. Die Auktion der gekörten Hengste im Anschluss brachte einen Durchschnittspreis von 102.000 EUR, wobei die letztjährigen Spitzenpreise nicht erzielt werden konnten. Trotz Wirtschafts- und Bankenkrise wechselten dennoch ein Cassini I Sohn für 270.000 EUR, der superschicke auf Contender ingezogene Contendro I Abkömmling Coco Jambo für 195.000 EUR den Besitzer. Auktionator Uwe Heckmann erreichte einen durchschnittlichen Auktionspreis der nichtgekörten Hengste von 26.200 EUR
Die Reitpferdequalität war durchgängig gut. Auch hier waren die Veranstalter mit dem erzielten Durchschnittspreis von 35.472 EUR mehr als zufrieden. Im Nachhinein lässt sich feststellen, dass zwar die ganz großen Summen in diesem Jahr ausblieben, der Markt für Holsteiner Pferde jedoch auf soliden Füßen steht. Angesichts der momentanen wirtschaftlichen Lage sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden”, sagte Jan Lüneburg, Vorsitzender des Holsteiner Verbandes, nach den Auktionen der Elitereitpferde und nicht gekörten Hengste in Neumünster. “Der erwartete Einbruch ist nicht eingetreten”.
Der Galaabend am Freitag bot als ganz besonderes Highlight die Ehrung von Olympiavielseitigkeitsdoppelgoldmedalliengewinner Hinrich Romeike auf seinem Siegerpferd, dem Holsteiner Wallach Marius. Die Leistung dieses Paares überschattet von de Dopingvorfällen unter den Springreitern, ist um so mehr zu würdigen, da es sich bei Romeike, der von den Fans liebevoll flying dentist genannt wird, um einen reinen Amateurreiter handelt. Sympatisch und unter tosendem Applaus präsentierte er sich und seinen Halbblüter Marius in den Holstenhallen und machte Werbung für den dopingfreien, nicht manipulierten Reitsport.
Mein persönlicher Höhepunkt der 38. Holsteiner Körung und Reitpferde-Auktion war das hautnahe Miterleben der Ersteigerung eines gekörten Hengstes. Denn, wenn der Nebensitzer plötzlich den Ausstellungskatalog zückt und sich von Heckmann bis auf 190.000 EUR herausfordern lässt, während alle Beteiligten das große Zittern bekommen, rechnet man insgeheim schon mal nach, was denn das liebe Eigenheim zuhause wert ist, ob Frau nicht doch Mann, Kinder und den Hund verpfänden sollte. Das Tier ging dann doch für 195.000 EUR nach Finnland. Aber den Zuschlag bekamen meine Sitznachbarn dann bei einem weitaus günstigeren aber dennoch superschicken Hengst und für mich gabs sogar auch ein Gläschen Auktionschampus ab. Claudia Muller