Sören von Rönne hat im 73. Deutschen Spring-Derby in Hamburg-Klein Flottbek den schönsten Sieg meiner Laufbahn gefeiert. Das will viel heißen: Schließlich war der 39-jährige Betriebswirt, Steuerberater und Pferdezüchter vor acht Jahren schon einmal Mannschafts-Weltmeister und im Einzelklassement WM-Dritter.
Aber bei dem kühlen Blonden aus dem Norden ist ohnehin vieles anders als bei einigen seiner Kollegen. Sören von Rönne, der vor neun Monaten in Balve im Sauerland schwer gestürzt war und ernsthaft das Ende seiner sportlichen Laufbahn fürchten musste, startete das erste Mal mit 22 Jahren beim Derby-Turnier. Oder war es doch erst mit 23 Jahren? So ganz genau weiß ich es selber nicht mehr, lächelt der 1,86 m große Springreiter und fügte hinzu: An die 15 Mal bin ich wohl schon im Derby gestartet. Da muss ich mal genau nachsehen. Meistens habe ich keine Rolle gespielt. Aber von einem Derby-Sieg habe ich immer geträumt. Die Hoffnung habe ich nie aufgegeben.
In den 90er Jahren half er als eine Art Sportdirektor tatkräftig mit, das traditionsreichste deutsche Turnier wieder auf gesunde Füße zu stellen. Unter seiner schwierigen Doppelrolle als aktiver Turniermanager und ehrgeiziger Reiter litten – das war fast logisch – die sportlichen Leistungen. In jenen Jahren hatte er den Kopf nie frei für große Auftritte im Parcours. Das Derby war dem bekennenden Holsteiner, der schon lange wieder mit den meisten seiner Pferde in Hamburg lebt, immer ein Herzensanliegen. Und so ergibt sich das Kuriosum: Während viele alternde Sportler oft als Funktionäre und Manager wiederkehren, ist der einstige Derby-Direktor Sören von Rönne in den großen Sport zurückgekehrt und feiert jetzt seinen zweiten Frühling.
Sören von Rönne hat viele Jahre auf seinen größten und schönsten Sieg, wie er es selbst formulierte, warten müssen. Vor einem Jahr, als es im Derby ein Stechen der letzten vier gab, musste er mit Charlottenhof’s Iberio Franke Sloothaak, mit dem er 1994 in Den Haag gemeinsam Weltmeister geworden war, den Vortritt lassen. Der gebürtige Niederländer war im Stechen 0,99 Sekunden schneller gewesen. Im 73. Deutschen Spring-Derby hatte von Rönne die große Chance gehabt, mit dem 129. fehlerfreien Ritt in der 80-jährigen Derby-Geschichte schon frühzeitig alles klar zu machen. Ein unnötiger Flüchtigkeitsfehler zwang ihn dann ins Stechen, und wütend schimpfte er über sich selber: Ich bin wohl doch zu dumm, das Derby zu gewinnen. Das lag nicht an Iberio, mein Pferd war großartig. Das war einzig und allein mein Fehler. Als letzter der fünf Deutschen, die ins Stechen gelangt waren, aber hatte er die besten Karten: Er konnte die Konkurrenten beobachten und taktisch reiten. Und das wiederum beherrscht Sören von Rönne wie kaum ein zweiter deutscher Springreiter – Ludger Beerbaum vielleicht ausgenommen.
Nicht erst seit seinem Derby-Sieg dürfte feststehen: Auf dem Wege zu den Weltmeisterschaften im September im spanischen Jerez de la Frontera führt kein Weg mehr an Sören von Rönne vorbei, der mit Ludger Beerbaum und Otto Becker schon heute erste Wahl für die Titelkämpfe in Andalusien sein dürfte. So besehen, wird wohl nur noch der vierte Springreiter gesucht. Da bieten sich aktuell die Mannschafts-Olympiasieger Lars Nieberg (Homberg-Ohm) und Marcus Ehning (Borken), der am Sonntag Sören von Rönne den Vortritt lassen musste, an.