Die Grube Messel bei Darmstadt ist als Fossilienfundort weltbekannt. Einen besonders seltenen Fund haben Forscher jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt.
Vier braune Minipferde grasen am See in der Grube Messel. Sie sind nicht größer als ein Foxterrier und hätten die passende Größe als Reittier für einen Gartenzwerg. Genau so könnte es vor 49 Millionen Jahren ausgesehen haben, sagt Fritz Steininger, der Direktor des Forschungsinstituts Senckenberg.
Mit der Idylle aus Plastik soll den Besuchern der weltberühmten Fossilienfundstätte die Vorstellung erleichtert werden. Denn von den Urpferdchen, den berühmtesten Fundstücken der Grube Messel, sind nur die Knochen erhalten, oft nicht mehr als einzelne Bruchstücke.
Im vergangenen Oktober machten die Wissenschaftler einen ganz besonderen Fund: die Fossilie eines trächtigen Urpferdchens. Vier Monate schabten die Präparatoren an den Knochen und Zähnen und konnten schließlich ein fast vollständiges Skelett freilegen. Hier im Bereich des Beckens sind gut die Knochen des Fötus zu erkennen, erklärt Stephan Schaal, Urpferdchenfachmann im Senckenberg-Institut, begeistert das Präparat. Und da ist sogar noch ein kleiner Zahn zu sehen.
Auch das Muttertier ist fast vollständig: vier Hufe an den Hinterbeinen, drei Hufe vorne, die niederkronigen Zähne. Das Rückgrat ist durch die Einlagerung etwas verschoben. An einigen Stellen zeichnen sich auch Fellreste ab, sagt Schaal. Versteinert wurde auch der Mageninhalt. Damit lässt sich die letzte Mahlzeit des Pferdes bestimmen. Das Präparat wird deshalb in den kommenden Monaten im Senckenberg-Institut in Frankfurt genau untersucht. Danach soll es im dortigen Museum ausgestellt werden.
Weltweit gibt es nur drei vergleichbare Funde, doch das Pferd aus Messel ist nach Schaals Meinung das schönste. Jedenfalls gehört es zu den vollständigsten Präparaten, die bislang in der Grube freigelegt worden sind. Über 70 Urpferde zählt die Messel-Herde inzwischen und ist damit die größte der Welt. Allerdings sind dabei auch einzelne Knochen mitgerechnet.
Die Urpferdchen sind längst ausgestorben. Die heute bekannten Pferde stammen nicht von ihnen ab, sondern sind erst sehr viel später über Amerika eingewandert. Dennoch spielen die Urpferde für die Erklärung der Evolution eine wichtige Rolle, sagt Fritz Steininger. Hier in Messel steht die Wiege der modernen Säugetiere. Deshalb wird hier auch seit 1974 jedes Jahr von Mai bis Oktober gegraben. Die Messel-Herde wird, da sind sich alle sicher, bald neuen Zuwachs bekommen.